Ein Wort zur Burgschaft Inden
(anlässlich der 750 Jahrfeier im Jahr 1993)
Über die Entstehung der Burgschaften ist wenig bekannt. Sehr früh jedoch gab es kleine Gemeinschaften, die sich aus wirtschaftlichen Gründen zusammenschlossen. Die alten Walliser erstrebten mit diesen Korporationen die Wohlfahrt in der Gemeinschaft und die Ordnung in Freiheit.
Im Verlaufe des 14. Jahrhunderts entwickelten sich diese Verbände zu Burgschaften, d.h. zu Gemeinderechtsschutzverbänden mit eigenen Statuten, in denen das gesamte Gemeindewesen geregelt war.
Durch das Kantonale Gesetz von 1789 erst entstand die heutige Munizipalgemeinde (nicht der Ort), der dann durch die Bundesverfassung von 1848 alle öffentlich-rechtlichen Funktionen übertragen wurden.
Die revidierte Bundesverfassung von 1874 stellte es den Kantonen frei, die Burgschaften weiterbestehen zu lassen. Das Wallis entschied sich im Gesetz von 1877 für den Fortbestand dieser Korporationen neben den Einwohnergemeinden und umschrieb die Obliegenheit der Burgerschaften.
So lautet auch die Geschichte der Burgschaft Inden, die ihren Burgern das Heimatrecht verlieh und sie von etlichen Vorteilen geniessen liess z. B. verbilligtes Bauholz, unentgeltliche Benützung der Weiden, Teilhaben am Ertrag aus Wäldern, Rebbergen und Grundgütern und vieles andere mehr. Derzeit gehören der Burgschaft folgende Geschlechter an, die in Inden heute wohnsässig sind: Bayard, Oggier, Plaschy.
Die Burgschaft Inden wird durch einen eigenen Rat verwaltet und führt eine von der Munizipalität getrennte Rechnung. Ohne jedoch an Selbständigkeit und Eigenbestimmung etwas zu verlieren, besteht zwischen der Burgschaft und der Einwohnergemeinde seit jeher ein gutes Verhältnis, das durch verschiedene Tatsachen bestätigt wird. So hat das Burgerhaus bis zum Bau der heutigen Mehrzweckhalle und zur Aufgabe der Schule als Versammlungslokal und eigentliches Schulhaus gedient, inklusive Lehrerwohnung und Feuerwehrlokal.
Bester Zeuge dieser Zusammenarbeit ist der Giltsteinofen in der Burgerstube, in der die Wappen der Burgerschaft und der Munizipalität eingemeisselt sind. Wohl einer der lebhaftesten Tage im Jahr war die Feier des Fronleichnamfestes (Herrgottstag). Alle, ob Burger oder Einwohner, die an der Prozession in irgendwelcher Form teilnahmen, waren nachmittags eingeladen. Alles war da vertreten: vom Kleinkind bis zu den geistlichen, richterlichen und weltlichen Behörden. Es war jeweils ein richtiges Volksfest, das besungen und mit sehr weisen und zutreffenden Reden gewichtet wurde.
Die Burgschaft hat unzweifelhaft noch heute ihre Daseinsberechtigung: sie muss nur fähig sein, sich der Zeit anzupassen. Und diese Zeichen der Zeit hat die Burgschaft Inden erkannt, wie nur einige Beispiele zeigen:
Erschliessung der Wälder durch geeignete Forst-, Alp- und Wanderwege,permanente Pflege des Waldes, Erwerb von Baugrundstücken mit der Einwohnergemeinde zusammen. Auch Beteiligungen an Aufforstung und Lawinenverbauungen.
Wenn jeder Burger und jede Burgerin das Gesamtinteresse der Burgschaft vor den persönlichen Eigennutz stellt, ist der Fortbestand dieses jahrhundertealten Gemeinwesens gesichert.
Inden, im November 1992
Plaschy Josef †, ehem. Burgerpräsident